17.04.2025

US-Zollkrieg

Strategische Risiken und Chancen

iStock, AvigatorPhotographer

US-Präsident hat bis jetzt zumindest einen Teilsieg errungen. Der Basiszoll von 10 Prozent gilt überall. Die zusätzlichen reziproken Zölle sind für 90-tägige Verhandlungspause ausgesetzt, nicht jedoch für China. Hier eskaliert der Handelsstreit. Weder China noch die USA lassen derzeit ein Nachgeben erkennen. Was bedeutet das für die Wirtschaft in den USA, in Deutschland und in China kurz-, mittel- und langfristig? Welche Risiken und Chancen gibt es?

USA

Donald Trump spielt sein Zollspiel mit hohem Einsatz. Er nutzt Zölle nicht nur als neue Einkommensquelle, um Staatsdefizite zu reduzieren und Steuern vor allem zugunsten der mittleren und oberen Einkommensschichten zu senken, sondern offenbar auch als Verhandlungsmasse für das Erreichen anderer Ziele. Dazu gehören vor allem die Schaffung neuer Industriearbeitsplätze in den USA und die Abwertung des US-Dollars, um das Handelsbilanzdefizit von 1 Billion US-Dollar pro Jahr zu senken und die verarmende Arbeiterklasse wiederaufzurichten. Es geht aber auch darum, China zu bekämpfen und die eigene Hegemonialstellung zu verteidigen.

  • Inflation: Die drastisch erhöhten Zölle auf chinesische Waren (bis zu 145 Prozent) verteuern viele Konsum- und Investitionsgüter. Die Kosten werden häufig an US-Konsumenten und Unternehmen weitergegeben.
  • Rezession: Aus China werden auch weniger Waren in die USA gelangen. Die chinesischen Häfen und internationalen Containerschiffe verzeichnen bereits heftige Einbrüche. Zusammen mit wachsender Unsicherheit könnte die USA in eine Rezession rutschen. Die Prognosemaschine der FED in Atlanta geht bereits von einer Schrumpfung von 0,1 Prozent aus.
  • Verlust an internationaler Glaubwürdigkeit: Die wechselhafte und konfrontative Handelspolitik der USA führt zu Vertrauensverlust bei Partnern und erschwert künftige Abkommen. China und die anderen BRICS-Staaten werden den Ausbau des Handels untereinander und den Ausstieg aus dem US-Dollar intensivieren.
  • Finanzinstabilität: Schwindendes Vertrauen in die USA und Vergeltungsaktionen können auch den Verkaufsdruck auf US-Staatsanleihen erhöhen, was wiederum die Zinssätze nach oben treibt. Als Notlösung könnte die US-Notenbank FED dann wieder ihre Geldschleusen öffnen und erneut als massiver Käufer in den Bond-Markt (Lender oft the Last Resort) eintreten. Eine neue Runde des sogenannten Quantitative Easing (QE) wird die Inflation verstärken.

China

In der chinesischen Regierung herrscht hektische Betriebsamkeit, um das wegbrechende Geschäft mit den USA (440 Mrd. US-Dollar direkt und 160 Mrd. US-Dollar indirekt über Mexico und Kanada) zu kompensieren. Europa, Russland und andere asiatische Länder sind dabei das Ziel. In diesen Regionen sorgt dann das neue chinesische Angebot für einen Preisdruck, was wiederum protektionistische Maßnahmen mit sich verstärkenden Effekten auslösen kann.

Die Überkapazitäten können auch im chinesischen Heimatmarkt abgesetzt werden. China forciert schon seit einiger Zeit die Strategie „in China für China“, um unabhängiger vom US-Markt zu werden und die Binnennachfrage zu stärken.

Deutschland

Deutschland leidet unter den Handelskonflikten, weil viele deutsche Vorprodukte in die USA, nach China oder über Drittländer wie Mexiko geliefert werden. Wenn diese Länder weniger importieren, sinkt auch die Nachfrage nach deutschen Produkten.

Zudem verteuert ein gegenüber dem Euro schwächerer US-Dollar die deutschen Produkte auf den Weltmärkten. Die deutschen Unternehmen müssen daher wieder verstärkt auf technologische Produktivitätszuwächse setzen, so wie das zu Zeiten der starken DM schon immer der Fall war.

Schwächeres Wachstum: Das deutsche Bruttoinlandsprodukt (BIP) könnte bei einer weiteren Eskalation des Handelskonflikts real schrumpfen. Eine dauerhafte Rezession würde die Arbeitslosenzahlen weiter ansteigen lassen. Durch massive schuldenfinanzierte Staatsausgaben wird die Bundesregierung gegensteuern. Dafür wurde die Schuldenbremse aus dem Grundgesetz gestrichen.

Belastung für Autoindustrie: Die US-Zölle auf Fahrzeuge und Autoteile treffen die deutsche Automobilbranche besonders hart, da die USA ein wichtiger Absatzmarkt sind und viele deutsche Hersteller auch in Mexiko produzieren. Hinzu kommen die belastenden CO2-Gesetze der EU in den nächsten Jahren.

Chancen

  • Wettbewerbsvorteile gegenüber Asien: Da chinesische, japanische und südkoreanische Firmen mit höheren US-Zöllen belegt werden als die EU, könnten deutsche Anbieter im US-Markt profitieren, insbesondere bei Kapitalgütern.
  • Neue Absatzchancen in China: Die chinesischen Gegenzölle auf US-Produkte bieten deutschen Unternehmen, etwa im Flugzeug- oder Maschinenbau, Chancen auf dem chinesischen Markt („Airbus statt Boeing“).

Fazit

Die aktuelle Zollpolitik führt zu einer massiven Belastung des Welthandels. Kurzfristig profitieren einzelne Branchen, langfristig überwiegen jedoch die Nachteile: höhere Preise, geringeres Wachstum, mehr Unsicherheit und eine Fragmentierung globaler Lieferketten. Deutschland ist vor allem indirekt betroffen, kann aber vereinzelt auch profitieren, etwa durch neue Absatzchancen in China oder eine bessere Wettbewerbsposition in den USA gegenüber asiatischen Konkurrenten. Die Gefahr eines globalen Handelskriegs mit weiteren Eskalationsstufen bleibt bestehen.

copyright Mittelstandsforum Westfalen

Auch interessant

03.07.2025

Muss „Dubai-Schokolade“ aus Dubai kommen?

Patentanwälte Dörner & Kötter

02.07.2025

Roboter mit Spürsinn

Digitale Revolution in der Produktion und Logistik

Netzwerktreffen - Termine

6.11.2025 | Vortrag bei HLB Schumacher in Münster

27.11.2025 | Netzwerkabend bei der Verfuß GmbH in Hemer